Die deutsche Herren-Nationalmannschaft wird bei der FIBA EuroBasket 2022 in Köln von einer Euphoriewelle förmlich getragen.
Zum dritten Mal hintereinander stand heute eine mit 18.000 ausverkaufte Köln Arena hinter dem Team von Gordon Herbert, darunter allerdings auch etwa 5.000 lautstarke litauische Anhänger.
Das DBB-Team holte sich mit dem 109:107-Erfolg nach zweifacher Verlängerung gegen Litauen den dritten Sieg.
Nach dem spielfreien Tag heute geht es am Dienstag, 6. September 2022, um 20.30 Uhr mit der Partie gegen Titelverteidiger Slowenien weiter.
Deutschland begann wie gegen Bosnien und Herzegowina mit Dennis Schröder, Nick Weiler-Babb, Franz Wagner, Daniel Theis und Johannes Voigtmann. Theis kam sofort ins Rollen, erzielte die ersten fünf deutschen Punkte, aber auch Litauen war bereit (5:7, 3.). Beide Teams suchten nach einem Rhythmus, Wagner besorgte unter dem Jubel der deutschen Fans die erste deutsche Führung (9:7, 5.). Es brodelte in der Arena, die Defense stand hervorragend, aber vorne fielen die Dreierversuche nicht. Dafür kam Wagner direkt am Korb zum Erfolg, Schröder brachte die litauische Defense mehrmals durch seinen unnachahmlichen Antritt in Bedrängnis. Hüben wie drüben hatte man viel mit sich selbst zu tun, es ging in diesen Minuten darum, wer weniger Fhler machte. Der jetzt ganz starke Maodo Lo traf zum 13:10 (8.), Litauen kam zum Ausgleich, es war bereits früh die erwartete „Schlacht“. Jonas Wohlfarth-Bottermann kassierte sein drittes Foul, das erste Viertel ging mit 19:19 zu Ende.
Wagner überall präsent
Lo und Andreas Obst brachten Deutschland mit 23:19 in Front (12.), die deutschen Anhänger übertönten die litauischen in dieser Phase um ein Vielfaches. Litauen holte sich binnen zwei Minuten vier Teamfouls, Deutschland blieb in der Defense extrem bissig und aufmerksam. Die Balten wussten sich minutenlang nur mit Fouls zu helfen und die Fans beleidigten die Unparteiischen heftig. Deutschland führte 25:19 (13.), Schröder kehrte für Lo zurück und setzte sich sofort am litauischen Brett durch. Obst legte einen Dreier drauf, die Arena kochte, Auszeit Litauen (30:21, 15.). Litauen ließ sich aber nicht abschütteln, NBA-Center Jonas Valanciunas steigerte sich und brachte sein Team heran (32:27, 16.). Wagner war überall auf dem Spielfeld präsent und erzielte das 38:31 (18.), während Valanciunas auf der anderen Seite kaum zu stoppen war. Wieder Waner, zwei Mal von downtown: 44:36 (19.). Es war jetzt ein sensationeller Schlagabtausch mit Treffern auf beiden Seiten in kurzer Abfolge. Mit einer deutschen 46:41-Führung ging es in die Kabinen.
Hohe Foulbelastung
Litauen begann mit einem „and one“ von Domantas Sabonis und machte damit gleich klar, dass die DBB-Auswahl ganz viel Gegenwehr erwarten durfte. Schröder netzte seinen ersten Dreier und setzte Theis hervorragend ein: 53:46 (22.). Voigtmanns drittes Foul tat weh, aber Deutschland spielte offensiv jetzt ganz hervorragend. Litauen antwortete immer wieder, für das Publikum war es längst eine sehr unterhaltsame Partie (55:51, 26.). Wagner überragte und stand bereits bei 24 Punkten, Theis warf sich hinten mit aller Kraft gegen die litauischen „twin towers“ ins Geschehen, musste aber auch sein drittes Foul hinnehmen. Die Foulbelastung des DBB-Teams wuchs (Theis und Wobo vier Fouls), Litauen witterte seine Chance (57:54), Auszeit Deutschland. Weiler-Babb meldete sich mit zwei Punkten und Schröder scorte ebenfalls: 61:56 (27.). Verbissen wurde jetzt um jeden Ball gekämpft, beim 61:60 war Litauen heran (28.). Deutschland fightete, um die Führung zu behalten, aber die Balten kamen zum Ausgleich (63:63, 30.). Nach drei Vierteln war nichts entschieden (66:65), die Arena platzte fast vor Begeisterung.
Schröder verpasst den Siegtreffer
Wagner besorgte die ersten deutschen Punkte des Schlussabschnitts (68:68, 31.). Sabonis traf den Korbleger, doch offensiv fand Obst die Antwort per Dreier. Lo traf zwei Freiwürfe, dann wieder Wagner von draußen mit seinen Punkten 27, 28 und 29 (76:72, 33.). Die deutsche Mannschaft arbeitete hart unter dem Korb und konnte sich einige wichtige Rebounds sichern, doch Litauen setzte sich mit ihren starken Big Men immer wieder durch. Durch ein Drei-Punkt-Spiel von Brazdeikis kamen sie wieder auf einen Punkte heran (76:75, 35.). Theis und Schröder punkteten für Deutschland, Litauen nahm mit 4:31 Minuten auf der Uhr die Auszeit (80:75, 36.). Schröder traf erneut einen Sprungwurf, aber Litauen antwortete mit dem Dreier. Der Slamdunk von Theis und der Dreier von Wagner brachten die deutsche Mannschaft wieder mit sieben Punkten in Front (87:80, 38.). Doch Litauen ließ sich nicht abschütteln und verkürzte wieder auf fünf Punkte Rückstand (89:84, 39.). Theis kassierte 50,9 Sekunden vor dem Ende sein fünftes Foul und musste ausgewechselt werden. Thiemann verpasste den Wurf von der Grundlinie und Litauen glich sieben Sekunden vor Schluss aus (89:89, 40.). Schröder verpasste den letzten Wurf und somit ging die Partie in die Verlängerung.
Déja-vu für die deutsche Mannschaft
Litauen startete mit zwei Punkten in die Overtime, Thiemann verpasste den Dreier. Die Litauer hatten jetzt das Momentum auf ihrer Seite, Valanciunas traf die beiden Freiwürfe zum 89:93 (42.) aus deutscher Sicht. Schröder und Wagner verpassten zwei Dreier in Folge, ein Goaltending-Pfiff bescherte der deutschen Mannschaft dann endlich die ersten Punkte in der Verlängerung (91:93, 42.). Thiemann dunkte den Ball zum 93:94 mit noch etwas mehr als einer Minute zu spielen. Grigonis traf 40 Sekunden vor dem Ende den Floater, Schröder im Gegenzug mit dem And-one und dem Ausgleich (96:96). Giffey zog mit 6,2 Sekunden auf der Uhr ein Offensivfoul gegen Grigonis, damit hatte Deutschland erneut den letzten Angriff. Diesmal nahm Wagner die Verantwortung des letzten Wurfs auf sich, verfehlte aber ebenfalls. Damit ging die Partie beim Stand von 96:96 in die zweite Overtime.
Endlich die Entscheidung
Voigtmann bescherte der deutschen Mannschaft die ersten Punkte der zweiten Verlängerung, Litauen verlor vorne den Ball. Schröder traf den wichtigen Dreier für Deutschland (101:96, 46.). Thiemann kassierte sein fünftes Foul, Schröder traf zwei Freiwürfe. Doch Litauen schaffte es immer wieder zu antworten und verkürzte wieder auf einen Punkte Rückstand (103:102, 48.). Lo schraubte den Vorsprung wieder auf vier Punkte, doch Litauen traf im Gegenzug für zwei. Lo traf den nächsten Dreier, die Arena stand Kopf. Litauen im Gegenzug aber erneut mit dem Drei-Punkt-Spiel (109:107, 49.). Grigonis verwarf den Dreier für Litauen, Schröder traf nicht auf der Gegenseite. Somit hatte Litauen mit 28 Sekunden auf der Uhr den Ball. Brazdeikis verpasste den Korbleger zum Ausgleich und Butkevicius verwarf mit der Schlusssirene den Dreier. Damit stand Deutschland mit 109:107 als Sieger fest.
„Die Ballbewegung war viel besser!“
Bundestrainer Gordon Herbert: „Wir haben heute viel besser zusammen gespielt als gestern. Die Ballbewegung war viel besser. Wir haben gezeigt dass, wir ein gutes Team sind, ich bin sehr stolz auf die Leistung über 50 Minuten. Ich bin nicht sicher, ob wir 55 Minuten geschafft hätten. Wir brauchen den spielfreien Tag, um uns aktiv zu erholen und am Dienstag bereit zu sein. Meine Spieler haben wirklich hart gekämpft. Franz Wagner ist bescheiden, coachable und hat den nötigen Biss. Er hat heute großartig gespielt. Das Team strahlt die Freude am Basketball förmlich aus.“
Maodo Lo: „Das war ein hartes Spiel, Litauen war sehr stark. Jedes Spiel hier ist anders, es gab sehr viel Auf und Abs. Wir haben Charakter und Zusammenhalt bewiesen und sind am Ende für unseren Einsatz belohnt worden. Es ist unglaublich, wie Franz in dem Alter auftritt. Er hat Vertrauen in sein Spiel und großes Selbstbewusstsein und er ist ein toller Kerl abseits des Spielfeldes. Wir haben hier eine gute Gruppe an Spielern zusammen, wir haben große Ambitionen, spielen jedes Spiel mit vollem Einsatz und haben viel Spaß dabei.“
Für Deutschland spielten
Niels Giffey (letzter Verein: Zalgiris Kaunas/LTU, 4), Justus Hollatz (CB Breogán/ESP, dnp), Maodo Lô (ALBA BERLIN, 21), Andreas Obst (FC Bayern München, 9), Dennis Schröder (Free Agent, 25), Christian Sengfelder (Brose Bamberg, dnp), Daniel Theis (Indiana Pacers/USA, 11), Johannes Thiemann (ALBA BERLIN, 2), Johannes Voigtmann (ZSKA Moskau/RUS, 3), Franz Wagner (Orlando Magic/USA, 32), Nick Weiler-Babb (FC Bayern München, 2), Jonas Wohlfarth-Bottermann (Veolia Towers Hamburg, 0).
Quelle: DBB