Thorben Möder ist kaufmännischer Auszubildender im Berufsbildungswerk Volmarstein. Der junge Mann mit Autismus-Spektrum-Störung hat gute Chancen, eine Stelle beim Westdeutschen Basketball-Verband zu bekommen.
Thorben Möder schaut aus dem Bürofenster. Er blickt auf die Welt des Sports: auf das große Duisburger Wedaustadion samt Nebenplätzen, auf Tennis- und Feldhockeyanlagen, auf ein Stadion für Wasserski, auf eine Ruder-Regattastrecke. Fast 200 Hektar ist der Sportpark Wedau groß. Es ist das Sportzentrum in NRW.
Hier absolviert der 26-Jährige mit Autismus-Spektrum-Störung, Azubi im Berufsbildungswerk der Evangelischen Stiftung Volmarstein in Wetter/Ruhr bei Hagen, ein Langzeitpraktikum – und zwar in der Geschäftsstelle des Westdeutschen Basketball-Verbandes (WBV). Der WBV ist im „Haus der Verbände“ mitten im Sportpark untergebracht. „Anfangs war ich ein bisschen nervös“, sagt Thorben Möder, „aber ich bin hier total nett aufgenommen worden.“
Der junge Mann, der in Volmarstein zum Kaufmann für Büromanagement ausgebildet wird, fühlt sich im WBV-Büro sichtlich wohl. Dafür sorgen Geschäftsführerin Mechtild Künsken und Petra Albrecht, die beide hauptamtlich in der Geschäftsstelle arbeiten. Sie betreuen von Duisburg aus die über 400 Basketballvereine in NRW, in denen sich rund 45.000 Mitglieder tummeln. Die WBV-Mitarbeiterinnen teilen sich die vierte Etage im „Haus der Verbände“ mit Kollegen der Sportarten Rugby, Segeln, Tanzen und Tennis.
Als sie von der Idee der WBV-Führung um Präsident Uwe Plonka erfuhr, in der Geschäftsstelle einen Praktikanten mit Behinderung zu beschäftigen, hatte Mechtild Künsken zunächst Zweifel: „Ich wollte nicht, dass unser Praktikant nur Pakete packt“, erklärt sie ihre Skepsis. Heute denkt sie anders: „Ich bin eines Besseren belehrt worden“, so die WBV-Geschäftsführerin, „Thorben hat sich im Geschäftsalltag als echte Hilfe erwiesen.“
Beispiel Buchhaltung: Immer montags verschickt der WBV Zahlbescheide an „seine“ Vereine, weil im Spielbetrieb am Wochenende etwas nicht rund gelaufen ist: Ein nicht korrekt ausgefüllter Spielberichtsbogen oder ein zu spät durchgegebenes Ergebnis – so etwas kostet eine kleine Strafgebühr. Gut 100 Zahlbescheide gehen jede Woche raus und müssen zuverlässig nachgehalten werden. Diese Aufgabe hat Thorben Möder übernommen – nach Einarbeitung durch Petra Albrecht. „Das klappt sehr gut“, sagt die WBV-Mitarbeiterin, die zusammen mit dem Praktikanten in einem Büro sitzt. Immerhin: Rund 180.000 Euro fallen jährlich an Zahlbescheiden an – eine stolze Summe, die sorgfältig verwaltet werden muss. Praktikant Thorben Möder hat dafür einen eigenen Zugang zur komplexen Buchhaltungs-Software „Datev“ bekommen – ein Vertrauensbeweis.
Petra Albrecht und Thorben Möder in der Geschäftsstelle des WBV
Der junge Mann ist auch in die Vorbereitung und Organisation der NRW-Streetbasketball-Tour 2019 einbezogen. Bei dieser Tour stellt der WBV im Sommer in 16 Städten Outdoor-Turniere auf die Beine, um Kinder und Jugendliche für den Basketballsport zu begeistern.
Dank seiner bisherigen kaufmännischen Ausbildung ist Thorben Möder in Sachen Büro-Software ein Ass. „Über seine Excel-Kenntnisse kann ich nur staunen“, sagt Mechtild Künsken. Die waren eine wichtige Hilfe bei der Vorbereitung des Bundestages des Deutschen Basketballbundes, den der WBV ausrichtet. Bei der Veranstaltung kommen einmal im Jahr die Präsidien aller Landesverbände und das Präsidium des Bundesverbandes zusammen – gut 100 Funktionsträger. Um den passenden Ort und einen guten Caterer zu finden, stellte Thorben Möder in Excel-Tabellen die Angebote nebeneinander anschaulich dar. Er rechnete die Kosten jeweils auf eine einzelne Person herunter. Als das WBV-Präsidium entschied, folgte es Thorben Möders Empfehlung: Es wäre am besten, so sein Vorschlag, wenn der Bundestag in Essen stattfindet.
Thorben Möder hat gute Chancen, nach erfolgreichem Abschluss seiner Ausbildung im Volmarsteiner Berufsbildungswerk eine Festanstellung beim WBV zu bekommen. Das wäre für ihn beruflich der große Wurf – ähnlich spektakulär wie der Dunking beim Basketball, bei dem sprunggewaltige Spieler den Ball von oben in den 3,05 Meter hohen Korb stopfen. (toto)
Das Berufsbildungswerk (BBW) der Ev. Stiftung Volmarstein
Im BBW der Ev. Stiftung Volmarstein werden junge Menschen mit Behinderung in über 30 verschiedenen Berufen ausgebildet. Die Stiftung ist eine diakonische Einrichtung mit Sitz in Wetter/Ruhr bei Hagen, die sich seit dem Jahr 1904 in den Bereichen Behinderten- und Altenhilfe, Berufliche Rehabilitation und Medizin engagiert.
Für die Azubis sucht das BBW klassische Einstiegs-Praktika zwischen vier Wochen und drei Monaten. Sie geben Jugendlichen eine erste Orientierung. Besonders wichtig sind aber Langzeitpraktika, weil manche Azubis darüber den Sprung auf den ersten Arbeitsmarkt schaffen. Eine besondere Form des Langzeitpraktikums ist die „Verzahnte Ausbildung mit Berufsbildungswerken“, kurz „VAmB“ genannt. Ein „VAmB“ dauert bis zu 18 Monaten. Die Jugendlichen mit Behinderung sowie der Praktikumsbetrieb werden intensiv begleitet.
Ansprechpartner für Betriebe, die mehr zum Thema „Praktika“ wissen möchten:
Alfons Schach (Ausbildungsleitung)
Fon 02335 639–800
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