Seit einigen Jahren spielen bei den „Unified Baskets Essen“ Menschen mit und ohne geistige Behinderung Seite an Seite. Sie haben Erfolg, vor allem aber Spaß. Mit dabei Dr. Stefan Becker, Vizepräsident III Breiten- und Schulsport im WBV.
Sport ist Mord? Muss gar nicht sein, wenn man’s denn richtig macht, nicht übertreibt, den falschen Ehrgeiz ausblendet, sich im Rahmen seiner Möglichkeiten bewegt und verbessert, so gut es geht – und vor allen Dingen Spaß dabei hat. Dann kann’s was werden, selbst in heutzutage noch eher ungewöhnlichen Konstellationen.
Bestes Beispiel: die „Unified Baskets Essen“, ein Projekt der DJK Franz Sales Haus. Eine Mannschaft, in der Menschen mit geistigen Behinderungen und Menschen ohne Behinderung seit 2013 zusammen Basketball spielen, sportlich längst richtig erfolgreich sind, dabei aber, was noch viel wichtiger ist, stets den Eindruck eines verschworenen Haufens machen. Und zwar in allen Lebenslagen. Denn beim Sport und gerade beim Mannschaftssport ist es vielleicht mehr denn irgendwo sonst nahezu egal, wie einer aussieht oder was einer macht – wenn er denn die internen Regeln beachtet.
Michael Dönhoff war es, der die ersten Steine und auch Bälle ins Rollen brachte. Seit 2005 arbeitet der heute 43-jährige Sonderpädagoge an der Franz-Sales-Förderschule, die er mittlerweile auch leitet. 113 Schüler mit geistiger Behinderung, die vor Ort unterrichtet werden, möglichst Lesen, Schreiben und Mathematik erlernen und auch in den Bereichen Musik und „Unterstützte Kommunikation“ Hilfe bekommen. Und natürlich im Sport, der im Haus ohnehin eine ganz wichtige Rolle spielt. So kam Dönhoff irgendwann auf die Idee, dieses Basketball-Projekt in die Tat umzusetzen. Vom Haus gab’s die notwendige Unterstützung, alles andere ging dann fast Schlag auf Schlag.
Es ist der „Unified-Gedanke“, der vieles erleichtert. Geprägt von den Special Olympics, dem Dachverband, sieht die Grundidee vor, dass Menschen mit geistigen Behinderungen, die sogenannten „Athleten“, und Menschen ohne Behinderungen, die „Partner“, gemeinsam Mannschaftssport betreiben – und das möglichst unter Wettkampfbedingungen. „In gewisser Weise kehrt der Sport hier zu seinen Wurzeln zurück“, beschreibt es Stefan Becker. Selbst spielte der heute 61-Jährige zu einer Zeit, als Basketball hier noch ein durchaus etwas „versnobter Akademikersport“ war. Als Funktionär beim ETB schnupperte er zudem lange in den Profibereich, heute jedoch sind es die „Unified Baskets“, die sein Herz höherschlagen lassen und für die er sich einsetzt. Es sind diese Hingabe und Ehrlichkeit, die den Vizepräsidenten für Breiten- und Schulsport beim Westdeutschen Basketballverband beeindrucken.
Und nicht nur ihn, denn zu den derzeit zwölf „Athleten“, die allesamt einst zur Franz-Sales-Förderschule gingen, kommen mittlerweile sieben „Partner“, weil sie einfach Spaß haben an dieser Mischung, die so ziemlich allen Vorurteilen eine lange Nase zeigt. Menschen wie Christoph Dresler, Basketballer, Förderschullehrer und Co-Trainer von Michael Dönhoff. Menschen wie Thomas Dresler, Michael Dudziak oder Wiebke Kröger, so etwas wie die „Quotenfrau“. Oder wie Dr. Ulrich Reploh, den Allgemeinmediziner, der einen Teil seiner Freizeit liebend gerne mit der Mannschaft verbringt und als „Stubenältester“ (53) auch sportlich weiß, wie der Hase läuft.
Wie sehr viele Menschen in der „Unified-Idee“ aufgehen, bringt Michael (15) auf den Punkt. Bei der Deutschen Meisterschaft 2016 war er noch zu jung, in diesem Sommer dann verletzt. „Aber in zwei Jahren, da bin ich dabei.“
Quelle: WAZ ZEITUNG DIGITAL, 12.10.2018