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Ohne Nachwuchsarbeit kein Leistungssport – aus diesem Grund sitzt im Präsidium des Westdeutschen Basketball-Verbandes ein eigener Vizepräsident für Jugend- und Nachwuchsleistungssport, Nadeesh Kattur. Auf dem ordentlichen Jugendtag am 8. Juli 2018 in Münster stellt er sich zur Wiederwahl.

Herr Kattur, Welche Bedeutung hat die Nachwuchsförderung im WBV?
Die Nachwuchsförderung hat einen sehr großen Stellenwert bei uns. U. a. versuchen wir hier zukünftige Spitzensportler auszubilden und Ihnen sportliche Perspektiven zu bieten. Auch aus finanziellen Aspekten, da die Unterstützung, die wir vom LSB erhalten um unsere Trainer zu bezahlen, auf unserem Nachwuchskonzept basiert. Aber in erster Linie dient sie natürlich dazu, den jugendlichen Nachwuchs den wir im WBV haben oder in unseren Landesverband kommen optimal zu fördern. Ihn oder Sie in der frühen Phase, sprich im Alter zwischen zehn und 14 Jahren, leistungssportorientiert zu fördern.

Wie ist diese Förderung organisiert?
Es gibt eine Sichtungsauswahl durch die einzelnen Stützpunkte mit unseren Stützpunkttrainern, wo die Kinder im Alter von zehn bis zwölf Jahren erst mal frei hinkommen können. Zurzeit sind es zwölf Stützpunkte, inklusive unserer Partnerstandorte. Die Trainer sichten diese Spielerinnen und Spieler über mehr als ein bis zwei Jahre lang. Im Herbst jeden Jahres haben wir dann ein Sichtungsturnier, wo ein gewisser Anteil an Spielerinnen und Spielern, etwa 40 pro Geschlecht, vorab durch die zuständigen Kadertrainer nominiert wird. Unter diesen wird dann in einzelnen Sichtungsmaßnahmen innerhalb von drei Jahren – das hört sich jetzt vielleicht hart an –, aber es wird halt die Auslese der besten Spielerinnern und Spieler getroffen, bei denen die Trainer langfristig das Potenzial für eine Nationalmannschaftsperspektive erkennen oder sehen.

Gibt es einen Unterschied zwischen Mädchen und Jungen?
Unterschiede in der Hinsicht, dass die Anschlussförderung unterschiedlich ist: Im männlichen Bereich ist sie professioneller aufgebaut durch die Vereine. Grundsätzlich muss man sagen, dass die Vereine dort auch monetär etwas mehr Potenzial bzw. mehr Möglichkeiten haben, da es in Deutschland leider noch immer so ist, dass der männliche Bereich deutlich besser finanziell gefördert wird als der weibliche Bereich.

Wir haben es uns jetzt primär zur Richtlinie gemacht, dass die Spieler/Innen eine enge Begleitung brauchen, deutlich mehr im Mentoring-Bereich, um sie optimal zu fördern. Bei den Jungs gibt es im Anschluss die Jungendbundesliga und die Nachwuchsbundesliga, wo die größeren Vereine mit der finanziellen Power dahinter und einem entsprechenden Trainermaterial eine optimale Förderung herstellen können. Im weiblichen Bereich haben wir leider aktuell außer dem Herner TC noch keinen weiteren Erstligisten bei uns in Nordrhein-Westfalen.

Von wie vielen Jungen und Mädchen sprechen wir da pro Jahr, die der WBV sichtet und fördert?
Also wenn wir zu einem Bundesjugendlager fahren, haben wir in der Regel zwölf bis 15 Spielerinnen beziehungsweise Spieler. Das Bundesjugendlager ist die deutsche Bundesmaßnahme, bei der die besten Spielerinnen und Spieler von den Nachwuchsnationaltrainern gesichtet werden.

Und das ist dann die Auswahl aus wie vielen, die im WBV zusammengekommen sind?
Vergangenes Jahr hatten wir bei der Maßnahme in Oelde - das war das letzte Sichtungsturnier– pro Region / Geschlecht circa 15 Kinder, also bei vier Regionen circa 60 Kinder pro Geschlecht.

Wie sieht es im Augenblick so aus: Haben wir eine aktuelle Nationalspielerin oder einen aktuellen Nationalspieler, die oder der gerade im Kommen ist?
Das ist schwer zu sagen, da in einer frühen Phase Talent erkennbar und mit Sicherheit bis zu einem gewissen Grad messbar ist, aber das Ergebnis nicht vorhersehbar. Daher würde ich sagen, wir haben tolle Talente die allerdings noch wie „Rohdiamanten“ sind und noch „geschliffen“ werden müssen.

Letztendlich ist es so, dass wir im männlichen Bereich viele Zweitligisten haben, was auch gut ist! Und das ist natürlich auch für unsere Jugendprogramme interessant, aber sobald wir über Spieler reden, die perspektivisch eine Nationalmannschaftskarriere „im Blut haben“ ... Als jüngstes Beispiel haben wir sechs junge Menschen – im männlichen Bereich vorwiegend –, die unseren Landesverband verlassen. Es ist schön zu wissen, dass die von uns gekommen sind, aber es tut dennoch weh! So sieht es ja auch aktuell in der BBL aus, wenn wir mal hingucken, wer da in der Vergangenheit – auch in der Nationalmannschaft – unterwegs war, sei es jetzt ein Tibor Pleiß, ein Phillip Schwethelm oder ein Per Günther, die kommen alle aus dem WBV, aber die haben halt später, um den nächsten Schritt zu machen, ihre Perspektive in einem anderen Landesverband gewählt und nicht bei uns. D. h. wir haben immer tolle Spieler/Innen, die allerdings im jetzigen Zyklus ihre perspektivische Karriere nicht in unserem Landesverband sehen.

Welche Rolle spielen unsere beiden Landestrainer in dem ganzen Konzept?
Die beiden Landestrainer finden mit unseren Stützpunkttrainern zusammen die talentierten Kids, sie erkennen das Potenzial, sie erkennen Fördermöglichkeiten bei den Kindern. Ich halte sie beide für sehr fähig und sehr kompetent und bin bis jetzt auch nie enttäuscht worden, dass da mal irgendeine oder irgendeiner eventuell durchs Raster gefallen ist. Es gibt natürlich immer Spätzünder, die später erst ihr Potenzial abrufen, die gibt es ja egal in was für einer Sportart oder auch im Berufsleben. Allerdings haben in der Regel unsere Landestrainer bisher immer das optimale Gespür gehabt, um die besten Talente bei uns im Landesverband zu sichten.

Was raten Sie jungen Basketballtalenten?
Ich rate jedem Basketballtalent, dass die Bildung definitiv ein sehr wichtiger Aspekt ist, egal ob es im männlichen oder im weiblichen Bereich ist. Und dass man immer zweigleisig fahren muss, weil eine schwere Verletzung einem schnell die sportliche Karriere als Spieler kaputt machen kann, da gibt es genug Bespiele aus der jüngeren und älteren Vergangenheit. Daher ist eine duale Karriere natürlich etwas sehr Wichtiges und Sinnvolles, was auch wir gerne unterstützen.

Im sportlichen Sinne rate ich natürlich, dass man jeden Tag was Neues dazulernt, dass man dafür auch immer offen sein muss und vor allem hart arbeiten muss um seine Träume und Ziele zu erreichen.

Sie sind ja der oberste Nachwuchsförderer im WBV: Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, was würden Sie sich für diesen Bereich wünschen – außer mehr Geld?
Bitte ... außer?

Außer mehr Geld …
[Lacht] Ich würde mir wünschen, dass unsere jungen ambitionierten Spieler, unsere Toptalente, dass die bei uns im Landesverband bleiben würden. Das wäre mein Wunsch – und dann halt, dass wir in NRW wieder Topbundesligisten generieren können durch diese Spieler. Nur, das fehlt uns einfach.

Das ist dann natürlich eine Sache der Vereine, oder?
Ich weiß, dass die Vereine schon alles Menschenmögliche tun, ich würde auch niemals den Vereinen die Schuld an dieser Situation geben, irgendwo hat das ja immer mit den Standorten zu tun. Vor ein bis zwei Monaten gab es ja ein Interview mit Herrn Schlösser aus Paderborn, von den Paderborn Baskets, der sich hier positioniert und gesagt hat: „Anders als in anderen Städten, fehlen Volksbank und Sparkasse komplett in der Förderkultur“. Um dies als ein Beispiel der jüngeren Vergangenheit zu nennen, bei einem Verein der seit Jahren am Limit fährt und trotzdem sehr gute Jugendarbeit leistet. Der mit Sicherheit seine Strukturen nochmal verbessern könnte, wenn mehr Sponsoren dabei wären u.a. die o.g. örtlichen Sponsoren, aber auch andere.

Viele aktuelle Zweitligisten, dazu gehören Paderborn, Köln, Essen, Schalke, Schwelm, Hagen, Iserlohn, Bochum, Leverkusen, Rhöndorf, Opladen, Neuss und jetzt Münster versuchen Erfolg zu bringen, um die Vereine beim Namen zu nennen. Sie haben Talente, die hierbleiben können, und da wäre es mal schön zu sehen, wenn Sponsoren bereit wären mehr zu investieren, das auch irgendwo stärker zu honorieren – in irgendeiner Form und sei es durch Ausbildungsplätze, was ein großer Schritt in Richtung duale Karriere bedeuten würde für die Spielerinnen und Spielern. Aber da haben wir als Verband keinen Einfluss drauf, wir können nur versuchen unsere Vereine mit den uns gegebenen Mitteln zu unterstützen. Daher werde und stehe ich auch immer hinter unseren Vereinen. Und wenn Sie mich bei einem Sponsorengespräch dabei haben möchten, dann würde ich auch das machen, um meine bzw. die Unterstützung des Verbandes zu zeigen.

Liegt Ihnen noch ein Thema auf dem Herzen, das Sie unbedingt ansprechen möchten oder das Ihnen besonders wichtig ist im Bereich Nachwuchs?
Also mir fällt eine Sache ein, die mir persönlich sehr wichtig ist, und das wäre eine bessere Kommunikation unter den Vereinen und natürlich auch zwischen den Vereinen und dem Verband. Das wäre für mich halt sehr wünschenswert, dass man noch mehr miteinander spricht, gerne auch kontrovers diskutiert, und dass weniger persönliche Interessen im Vordergrund stehen sollten, sondern die Entwicklung des Jugendlichen oder der Jugendlichen, denn –und ich zitiere unseren Präsidenten, - „Basketball ist die tollste Sportart der Welt und wir leben im tollsten Landesverband in Deutschland“. Auf dieser Basis, glaube ich können wir alle zusammen eine Menge toller Dinge erreichen und gemeinsam auch nachfolgenden Generationen eine sehr gute Basis bieten und schaffen.

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